Dresdner Fraunhofer-Wissenschaftler erhalten "agra-Preis"für innovatives Recyclingverfahren
Seit einigen Jahren wird bei der Sachsenmilch Leppersdorf GmbH aus Reststoffen der Molkenverarbeitung Bioethanol gewonnen. Nach der alkoholischen Gärung und Destillation der sogenannten Melasse bleibt neben Bio-Sprit eine Schlempe zurück, die bislang aufwendig entsorgt wurde. Deren wertvolle Inhaltsstoffe sind zum Wegwerfen viel zu schade. Bisher fehlten jedoch technische Lösungen zur weiteren Nutzung. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden haben gemeinsam mit den Partnern aus Leppersdorf und der wks Technik GmbH eine effiziente verfahrenstechnische Lösung entwickelt, mit der die Schlempe erstmals stofflich und energetisch nahezu vollständig verwertet werden kann. Das in knapp dreijähriger Entwicklungsarbeit realisierte Verfahren wurde kürzlich mit dem »agra-Preis der Innovation« in der Kategorie Ernährungswirtschaft ausgezeichnet.
Vom Reststoff zum Trinkwasser
Das Verfahren zur Verarbeitung der Schlempe ist mehrstufig aufgebaut. Organische Bestandteile werden zunächst in einem prozess- und verfahrenstechnisch optimierten Anaerob-Reaktor abgebaut und zu energiereichem Biogas konvertiert. Im Gärrest enthaltene Nährstoffe, wie Stickstoff oder für Nutzpflanzen lebenswichtiger Phosphor, können anschließend durch die nasschemische Magnesium-Ammonium-Phosphat-Fällung in einen hochwertigen und gut pflanzenverfügbaren Langzeitdünger überführt werden. Aus der Restflüssigkeit wird mit keramischen Nanofiltrationsmembranen – entwickelt am Fraunhofer IKTS – die sogenannte Klarphase herausgefiltert. Die darin verbliebenen Salze werden durch einen anschließenden Oxidationsschritt und einer Umkehrosmose-Stufe effektiv entfernt. Im Ergebnis liegt Wasser vor, das höchsten Qualitätsanforderungen nach der Trinkwasserverordnung entspricht.
"Die überwiegend flüssigen Bestandteile der Schlempe können mit unserem Verfahren zu nutzbarem Wasser aufbereitet werden und im Produktionsprozess als Frischwasserersatz Verwendung finden", erläutert André Wufka, Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts IKTS.
Kreislaufschließung für eine effizientere Produktion
Diese Prozesskette ermöglicht die Schließung produktionsinterner Stoff- und Energiekreisläufe. Neben dem zurückgewonnenen Wasser und der Erzeugung regenerativer Energie leistet das Verfahren auch einen wichtigen Beitrag zum Recycling des wertvollen Phosphors. »Für alle Partner bedeutet dieser Preis eine Auszeichnung für die zielstrebige und erfolgreiche Zusammenarbeit und ist gleichzeitig Ansporn, den eingeschlagenen Weg auch in Zukunft weiterzugehen«, berichtet der Preisträger.
Das Vorhaben wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
agra - Preis der Innovation
Die "agra - Landwirtschaftsausstellung in Mitteldeutschland" ist die Plattform der Landwirtschaft in Mittel- und Ostdeutschland. 2017 präsentierten über 1.800 Aussteller ihre Produkte und Leistungen 50.450 Besuchern.
In enger Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft und als wichtiger Teil der entsprechenden Zukunftsinitiative SiMUL+ wurde das neue "agra - Zentrum für Innovation" entwickelt. Mit der zentralen Stand-, Präsentations- und Netzwerkfläche, dem Pfad der Innovation, dem agra - Preis für Innovation und vielen Informationsangeboten, Workshops, Podiumsdiskussionen sowie Fachvorträgen zeigt das agra - Zentrum für Innovation nicht nur den aktuellsten Stand der Technologien, sondern auch die Leistungsfähigkeit von Betrieben, Hochschulen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft auf. Ein hochkarätig besetzter und unabhängiger Fachbeirat stellt dabei die Qualität und Aktualität der eingereichten und gezeigten Innovationen sicher.
Im Rahmen des agra - Zentrum für Innovation vergibt der Innovationsbeirat für herausragend innovative Leistungen 2017 erstmalig den agra - Preis der Innovation.
Dieser wird ausgezeichnet in den Kategorien:
- Agrarwirtschaft
- Ernährungswirtschaft
- Forstwirtschaft