Dresden: Künstliche Intelligenz soll helfen, die Beatmung von Intensivpatienten zu optimieren

Wissenschaftler der Dresdner Hochschulmedizin testen mit 13 internationalen Partnern ein Entscheidungshilfesystem für die invasive Beatmung von schwerkranken Patientinnen und Patienten. Das Projekt „Intelligente Lungenunterstützung für beatmete Patienten auf der Intensivstation (IntelliLung) im "EU HORIZON-HLTH-2021"-Programm ist die erste von der Technischen Universität Dresden koordinierte klinische Studie, für welche die Europäische Union Gelder bewilligt hat. Die auf fünf Jahre angelegte Forschung wird mit insgesamt 5,98 Millionen Euro gefördert, wovon 1,8 Millionen Euro nach Dresden gehen.

Die invasive Beatmung von schwerkranken Patienten soll weiter verbessert und optimiert werden. Das ist das Ziel der Wissenschaftler, die sich an dem IntelliLung-Projekt beteiligen werden. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren zusammen mit dem Institut für Angewandte Informatik (InfAI) in Dresden ein auf künstlicher Intelligenz basierendes Entscheidungshilfesystem entwickelt, welches wir nun in der klinischen Praxis testen und ausbauen können“ freut sich Frau Professor Thea Koch, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie und Leiterin des IntelliLung-Konsortiums.

Das Entscheidungshilfesystem, soll dem Behandlungsteam eine Empfehlung für die Einstellung der invasiven Beatmung geben. „Nicht nur die Sauerstoffzufuhr, sondern auch die Atemfrequenz und die Beatmungsdrücke müssen in Abhängigkeit von der körperlichen Verfassung und dem Behandlungsstatus immer wieder angepasst werden, das ist kein statischer Zustand, sondern ein Prozess.“, erklärt Dr. Jakob Wittenstein, der den Projektantrag mit verfasst hat.

   

Forschung mit unmittelbarem Nutzen für Patienten

Die mechanische Beatmung zu optimieren, ist kein einfacher Prozess. Werden zu hohe Beatmungsdrücke verwendet, drohen mechanische Verletzungen innerhalb der Lunge. Ist der Druck am Ende der Ausatmung zu gering, könnte die Lunge zusammenfallen, was eine weitere Beatmung erschwert. „Wir versuchen, verschiedene Beatmungsparameter so zusammenzuführen, dass am Ende eine digitale Entscheidungshilfe für die optimale Beatmung entsteht.“, so Dr. Wittenstein.

Geplanter Projektstart ist der September 2022. Fünf Jahre haben die Wissenschaftler, die auf 14 verschiedene nationale und internationale Kliniken, Forschungsinstitute und Firmen verteilt sind, Zeit, um ein auf der künstlichen Intelligenz basierendes Verfahren zu optimieren. „Am Ende geht es darum, die Beatmungszeit zu minimieren, damit die Dauer des Aufenthaltes auf der Intensivstation zu verkürzen und auch die Letalität zu senken“, fasst Dr. Wittenstein zusammen. Das Team plant zwei Studien. Retrospektiv nutzen sie dafür Daten von ehemaligen invasiv beatmeten Patienten, gleichzeitig sollen aktuelle Daten in einer prospektiven Studie erfasst und ausgewertet werden. An dem Projekt sind neben den klinischen und akademischen Partnern auch zwei Hersteller von Beatmungstechnik beteiligt.

„Gerade die Corona-Pandemie, die bei vielen Erkrankten zu Lungenfunktionseinschränkungen geführt hat, hat uns gezeigt, wie herausfordernd dieses klinische Feld ist. Das IntelliLung-Projekt wird maßgeblich dazu beitragen, mittelfristig den Behandlungserfolg mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zu steigern. Die Zusage der EU-Fördergelder ist nicht nur wegen der Höhe von knapp sechs Millionen Euro ein großer Erfolg für die Hochschulmedizin Dresden“, sagt Professor Michael Albrecht, Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums Carl Gustav Carus.

„Mit dem Projekt ist es erstmals gelungen, Fördergelder der EU für eine von der Technischen Universität Dresden koordinierte klinische Studie, und insbesondere der Medizinischen Fakultät, zu gewinnen. Das ist ein großer Erfolg, zu dem ich den Projektbeteiligten herzlich gratulieren möchte und viel Erfolg bei der wissenschaftlichen Arbeit wünsche“, sagt Professorin Esther Troost als Dekanin der Medizinischen Fakultät Dresden.