"Ich war einmal ein Porsche" - Forscher der TU Dresden geben Metallbauteilen ein zweites Leben

Autos, Werkzeuge, Haushaltgeräte: Viele der wichtigsten Produkte bestehen aus Metall. Um sie zu rezyklieren, werden Metallbauteile heute eingeschmolzen. Ein neu von der Werner Siemens-Stiftung unterstütztes Projekt an der TU Dresden will diesen energieintensiven Schritt umgehen.

Metalle sind die Bausteine der Weltwirtschaft. Rund 1,9 Milliarden Tonnen Rohstahl wurden im Jahr 2022 laut dem Welt-Branchenverband der Stahlindustrie erzeugt. Dazu kommen Millionen Tonnen weitere Metalle wie Aluminium oder Kupfer. Diese unvorstellbaren Mengen werden gegossen, gewalzt, geschmiedet, gefräst und geschweißt. So entstehen unterschiedlichste Metall-Qualitäten und -Bauteile, die sich zur Herstellung von Fahrzeugen, Maschinen, Brücken, Rohren, Werkzeugen oder Haushaltgeräten eignen.

Ein großer Teil dieser wertvollen Werkstoffe wird am Ende ihrer Lebensdauer eingeschmolzen und zu neuen Bauteilen verarbeitet. Das spart zwar – verglichen mit dem Rohstoffabbau und der Neu-Produktion – Ressourcen und Energie. Aber es bleibt ein enorm energieaufwändiger Prozess. “Ungefähr 90 Prozent der Energie zur Herstellung eines Metallbauteils werden für das Einschmelzen und Walzen benötigt”, sagt Alexander Brosius, Professor für formgebende Fertigungsverfahren an der Technischen Universität (TU) Dresden.

  • Einschmelzen unnötig machen

Gemeinsam mit Andrés Fabián Lasagni, Professor für laserbasierte Fertigung an der TU Dresden, will Brosius die Wieder- und Weiterverwendung von Metallbauteilen nachhaltiger machen. Mit einem neuen Projekt namens “2nd Life Metal Components” wollen sie den Einschmelzprozess umgehen – stattdessen werden Metallteile direkt aufgetrennt, zu einem flachen Blech gepresst, wieder zusammengeschweißt und in neue Formen gebracht. Die Werner Siemens-Stiftung (WSS) unterstützt das innovative Vorhaben in den kommenden acht Jahren mit insgesamt 13 Millionen Euro.

Der neuartige Ansatz beruht darauf, jeweils mehrere unterschiedliche Stahl- oder Aluminiumbauteile zu einem neuen zusammenzufügen. Eine Herausforderung, wie Andrés Fabián Lasagni sagt: “Die alten Metallstücke, die wir verwenden wollen, kommen in ganz unterschiedlichen Formen, Dicken, Festigkeiten und Qualitäten daher.” Bei den heutigen Prozessen sorgt das Einschmelzen dafür, dass stets ein einheitliches Ausgangsprodukt für die nachfolgende Blechbearbeitung entsteht.

  • Altblech-Puzzle

Für das geplante Upcycling ohne Einschmelzen haben die Forscher ganz neue Prozessketten entworfen: Als erstes werden die angelieferten und zur Verfügung stehenden Bauteile sortiert, allenfalls gereinigt oder entlackt und die Geometrie, die Blechdicke und die chemische Zusammensetzung erfasst. Danach beginnt die eigentliche Verarbeitung: Gebogene, dreidimensionale Bauteile – zum Beispiel eine Autotür oder eine Spülwanne – werden per Laserschnitttechnik aufgetrennt und flachgedrückt. “Schnitte an den richtigen Stellen sind nötig, damit beim Pressen zum flachen Blech keine Falten oder Risse entstehen”, erklärt Alexander Brosius.

Die mechanischen Eigenschaften der entstehenden platten, zweidimensionalen Blechteile werden nun genauer charakterisiert – ohne sie dabei zu zerstören: Die Festigkeit, die Mikrostruktur und die Oberflächenstruktur sind entscheidend dafür, wie und wozu ein Blechteil weiterverarbeitet werden kann. Die Erforschung und Entwicklung von Methoden, um solche Eigenschaften schnell, genau und in dem gesamten Prozessablauf zuverlässig zu ermitteln, sind wichtige Teile des Projekts.

Nun folgt ein Schritt, der an das Zusammensetzen eines Puzzles erinnert: Die passenden Teile für ein geplantes Werkstück werden ausgewählt, zusammengefügt und neu verschweißt. Danach kommt jene Technik zum Einsatz, die das gesamte Projekt überhaupt ermöglicht: das sogenannte “makrostrukturierte Tiefziehen”. Tiefziehen ist eines der wichtigsten Umformverfahren in der Umformtechnik. Die Blechplatine wird zwischen einer Halterung, dem sogenannten Niederhalter, und einer Matrize eingespannt und danach durch Strecken und Stauchen in einen Hohlkörper – zum Beispiel eine Wanne, eine Hülse oder einen Topf – verwandelt.

  • “Ich war einmal ein Porsche”

Dank einer innovativen Veredelungs-Technik geht das Projekt des Dresdner Forschungsteams weit über das reine Metall-Recycling hinaus. “Wir werden Metallbauteile herstellen, die andere, bessere Funktionalitäten aufweisen als die Ausgangsprodukte”, sagt Lasagni. Mittels Lasertechniken ist es auch möglich, die Bauteile zu beschriften oder zu kennzeichnen. Eine nur mikrometergroße Nut schützt diese Informationen vor mechanischem Abrieb – und sie lassen sich nur mit einer speziellen Software wieder auslesen. Wichtige Informationen könnten die Zusammensetzung, Eigenschaften oder die Herkunft eines Bauteils sein. Auch eher spielerische Anwendungen wären möglich: Eine Idee ist es, auf das Vorleben des Metallstücks hinzuweisen: “Ich war einmal ein Mülleimer.” Oder: “Ich war einmal ein Porsche.”