Sachsen bündelt Kompetenzen rund um die Kernfusion

Sachsen etabliert mit SAXFUSION ein landesweites Kompetenznetzwerk zu Zukunftstechnologien für die Kernfusion. Ziel ist es, diese als saubere und sichere Energiequelle voranzubringen, strategisch Kompetenzen aufzubauen und die Ergebnisse für Industrie und Gesellschaft nutzbar zu machen.

SAXFUSION vernetzt sächsische Spitzenforschung für die Entwicklung der Fusionsenergie. Laser- und Materialtechnologien bilden dabei eine Schlüsselrolle für künftige Reaktorkonzepte.
HZDR / André Wirsig

Koordiniert wird das Vorhaben durch das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). Die Co-Projektleitung übernimmt das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS. Weitere namhafte sächsische Forschungsinstitutionen beteiligen sich. Zudem bindet SAXFUSION über Kooperationen internationale Großprojekte und Industriepartner ein. Die Europäische Union und der Freistaat Sachsen fördern das Vorhaben mit rund 2,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Die kontrollierte Fusion von Atomkernen bietet langfristig die Möglichkeit, eine nachhaltige, emissionsfreie Energieversorgung zu gewährleisten. Hierfür gibt es verschiedene Ansätze, die meist die Erzeugung und Kontrolle eines sogenannten Plasmas zum Ziel haben, bei dem Elektronen und Atomkerne unabhängig voneinander frei beweglich sind – so wie im Inneren unserer Sonne. Führende internationale Einrichtungen wie ITER in Südfrankreich, Lawrence Livermore National Laboratory in den USA oder Wendelstein-7X in Greifswald haben bereits wesentliche technologische Fortschritte erzielt. Dennoch sind zahlreiche Fragen offen, beispielsweise hinsichtlich der Langzeitbeständigkeit von Werkstoffen, die dem Plasma ausgesetzt sind, oder zur effizienten Kontrolle des Fusionsprozesses. Genau hier setzt SAXFUSION an.

Das Netzwerk soll sich zu einer zentralen Anlaufstelle für Partner aus Forschung, Industrie und Gesellschaft entwickeln, die sich für Fusion als potenzielles Forschungs- und Geschäftsfeld interessieren und fundierte Informationen zum Thema benötigen. Es zahlt mit den Kompetenzen der Partner aus Spitzenforschung, Industrie und Hochschulen in Mitteldeutschland direkt auf die Hightech-Agenda Deutschlands ein. In einer dreijährigen Aufbauphase identifiziert und vernetzt das SAXFUSION-Team die vorhandene Expertise in Sachsen. Es wird zudem Kompetenzen gezielt ergänzen, zum Beispiel durch den Aufbau neuer Kooperationen und langfristiger Forschungs- und Entwicklungsstrategien. SAXFUSION startet mit vier zentralen Kompetenzfeldern: Laser- und Optiktechnologien, Entwicklung von Brennstoffkapseln inklusive der Diagnostik der Fusionsreaktion, Erforschung von Reaktormaterialien und -werkstoffen sowie Simulationen und Datenanalysen.

SAXFUSION unterstützt die Ziele des kürzlich vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt vorgestellten Aktionsplans Fusion: vom Bau von Großinfrastrukturen, über den Aufbau einer vollständigen Wertschöpfungskette samt Entwicklung neuer Geschäftsmodelle bis hin zur Qualifizierung von Nachwuchskräften. Exzellente Grundlagenforschung ist die unverzichtbare Basis, um die Technologien und Verfahren zu entwickeln, die für den späteren Bau sowie den sicheren Betrieb für Fusionskraftwerken benötigt werden.

  • HZDR übernimmt strategische Leitung und Vernetzung

Die Koordination des neuen Netzwerks übernimmt die Abteilung „Computergestützte Strahlenphysik“ von Dr. Michael Bussmann. Am HZDR sind damit die Institute Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) in Görlitz und Institut für Strahlenphysik in Dresden eingebunden. Das HZDR hat sich weltweit bei Plasma-Experimenten und Materialtests, in der Forschung mit Hochleistungslasern sowie bei der Entwicklung von Computersimulationen und Künstlicher Intelligenz für die Plasmaforschung etabliert. Über das Helmholtz-Zentrum ist das SAXFUSION-Netzwerk darüber hinaus mit europäischen Großforschungsinfrastrukturen, wie dem European XFEL oder der Extreme Light Infrastructure, sowie internationalen Fusionsforschungszentren, wie ITER und Wendelstein-7X, vernetzt. 

  • Fraunhofer IWS stellt Technologietransfer in den Fokus

Als Co-Projektleitung ist das Fraunhofer IWS für den Transfer in die industrielle Praxis zuständig. Das Institut bietet einzigartige Fertigungstechnik, Prozess- und Materialkompetenz sowie Zugang zu Industrienetzwerken. Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Betriebe, profitieren direkt von diesem Transferpotenzial. 

SAXFUSION bindet neben den beiden Koordinatoren CASUS und Fraunhofer IWS weitere exzellente Forschungspartner aus Sachsen ein. Außerdem haben Industriepartner und Start-ups wie Amplitude (Frankreich), Marvel Fusion (München) und Focused Energy (Darmstadt) bereits zugesagt, die Arbeit des Netzwerks aktiv zu unterstützen. Darüber hinaus bestehen enge Verbindungen zu nationalen Initiativen des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), zu europäischen Forschungsprogrammen (EURATOM) und zur internationalen Fusionsforschung (EuroHPC Center of Excellence Plasma-PEPSC).

SAXFUSION wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes finanziert. Der EFRE trägt zum wirtschaftlichen, sozialen und gemeinschaftlichen Zusammenhalt bei, indem er hilft, regionale Unterschiede innerhalb der EU auszugleichen. Sachsen erhält dafür aus dem EFRE rund 1,95 Mrd. Euro für den Förderzeitraum 2021 bis 2027.

  • Übersicht der Projektpartner
    • Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) und Institut für Strahlenphysik am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR): Koordination, Hochleistungslaser, Plasma- und Werkstoffforschung, Vernetzung mit internationalen Fusionsprojekten
    • Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS: Co-Projektleitung, Technologietransfer, Anlagen- und Prozesstechnik, industrielle Anwendung und Serienfertigung
    • Hochschule Mittweida: Kompetenz in Hochleistungslasern, Mikro- und Nanobearbeitung, Additive Fertigungsverfahren für Fusionstechnologien
    • Hochschule Zittau-Görlitz: Expertise in Energietechnik, Elektrotechnik, Hochstrom- und Hochspannungstechnik, Simulationssysteme
    • Technische Universität Dresden (TUD): Neutronengenerator, Neutronenspektroskopie, kerntechnische Ausbildung, Laser- und Materialtechnik
    • Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW): Entwicklung neuer Werkstoffe für Reaktorkomponenten, Verarbeitungstechnologien, Materialanalytik
    • Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung Leipzig (IOM): Oberflächenbearbeitung, Präzisionsoptiken, Technologien zur Formgebung und Glättung optischer Komponenten