Sachsen vertieft Wirtschaftskontakte mit dem indischen Bundesstaat Tamil Nadu

Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter beendet heute seine fünftägige Reise mit einer 20-köpfigen Delegation durch den südindischen Bundesstaat Tamil Nadu. Bei den Unternehmensbesuchen und politischen Gesprächen stellte er zahlreiche Anknüpfungspunkte mit dem "industriellen Herz" Indiens fest.

ndien-Reise von Wirtschaftsminister Dirk Panter
SMWA

“Die Region Tamil Nadu hat etwa 85 Millionen Einwohner und weist eine Wirtschaftsstruktur auf, die unserer in Sachsen sehr ähnlich ist – mit Schwerpunkten im Automobilbau, Maschinenbau, in der Halbleiterindustrie und im Textilsektor. Das passt sehr gut zu uns. Außerdem gibt es hier ausgezeichnete Universitäten, insbesondere im technischen Bereich, was sich hervorragend mit unserem Innovationsfokus in Sachsen deckt.”

Sachsens Unternehmen exportierten im vergangenen Jahr Waren im Wert 306,5 Millionen Euro in das mit mehr als 1,4 Milliarden Bewohnern bevölkerungsreichste Land der Welt. Die Potenziale sind weitaus größer. »Indien ist ein Wachstumsmarkt für die nächsten Jahrzehnte. Mein Ziel ist es, dass sächsische Firmen davon profitieren und diese Chancen nutzen. Einige sind schon da, viele sind interessiert«, sagt Wirtschaftsminister Dirk Panter und betont: »Der Freihandel ist nicht mehr das, was er einmal war. Mit Blick auf die geopolitischen Herausforderungen müssen sächsische Firmen ihre Absatzmärkte diversifizieren. Indien ist ein Partner, der unsere demokratischen Werte teilt – eine sehr gute Basis, um unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit auszubauen.«

Das Leipziger Unternehmen Bell Flavors & Fragrances EMEAI agiert bereits erfolgreich in Indien. Der indische Standort gilt als wichtiger Baustein im internationalen Netzwerk der Firma. Bell produziert Aromen und Duftstoffe, die speziell auf die Bedürfnisse des indischen Marktes zugeschnitten sind. Im Fokus stehen Anwendungen für Lebensmittel, Getränke, Kosmetik und Haushaltspflege. »Sachsen steht für Unternehmen, die mit Ideenreichtum und Qualität weltweit überzeugen. Bell zeigt eindrucksvoll, wie ein Mittelständler aus Leipzig nachhaltiges Wachstum mit internationaler Präsenz verbindet«, erklärte Dirk Panter beim Werksbesuch. »Indien ist einer der spannendsten Märkte der Welt. Wer hier erfolgreich ist, denkt global, aber versteht lokale Bedürfnisse. Genau diesen Ansatz lebt Bell vorbildlich.« Für Holger Wetzler, CEO von Bell EMEAI, war der Besuch ein wichtiges Signal: »Unsere Wurzeln liegen in Sachsen, aber unser Blick richtet sich in die Welt. Mit dem Standort in Sri City stärken wir unsere Präsenz auf dem indischen Markt. Hier entwickeln wir Aromen und Düfte, die die Vielfalt des Landes widerspiegeln.«

Mit dem Industrieminister von Tamil Nadu, Thalikottai Rasuthevar Baalu Rajaa, besprach Minister Panter in Chennai, wie man eine Ausbildung für Halbleiterberufe in Indien organisieren und Fachkräfte im gegenseitigen Nutzen ausbilden könne. »In Indien gibt es unglaublich viele junge, engagierte Menschen, die uns insbesondere in technischen Berufen unterstützen können. Wir wissen ja, dass wir in diesen Bereichen einen hohen Bedarf haben und nicht genügend junge Menschen finden, die diese Berufe ergreifen. Hier kann uns Indien in Zukunft wertvoll helfen, unseren Fachkräftebedarf zu decken«, so Panter.

In Coimbatore standen Ausbildung und Industrieproduktion im Mittelpunkt der Termine. Beim Besuch des Gedee Technical Training Institute (GTTI) erlebte die Delegation, wie erfolgreich das deutsche duale Ausbildungssystem in Indien umgesetzt wird. Das Institut, das in enger Zusammenarbeit mit deutschen Partnern wie der IHK Nürnberg arbeitet, bildet Mechatroniker und Werkzeugmechaniker nach deutschen Standards aus.

Dazu Dirk Panter: »Es war beeindruckend zu sehen, mit welcher Qualität hier gearbeitet wird und wie motiviert die jungen Menschen sind. Besonders in technischen Berufen wie der Schweißtechnik gibt es hier hervorragend ausgebildete Fachkräfte – genau dort, wo wir in Deutschland großen Bedarf haben. Es gehen viele Fachkräfte in den Ruhestand, und wir haben nicht genug junge, ausgebildete Menschen, um diese Lücken zu füllen. Besonders im Ausbildungsbereich ist der Mangel eklatant. Deshalb brauchen wir Zuwanderung, gerade von qualifizierten Fachkräften. Wenn wir motivierte junge Menschen aus Indien haben, die Deutsch lernen, sich einbringen und bereits eine gute Ausbildung mitbringen, dann wäre es töricht, diese Chance nicht zu nutzen.«

Auch Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) betont die strategische Bedeutung solcher Initiativen: »Indien bietet nicht nur einen großen und schnell wachsenden Absatzmarkt, sondern auch viele Möglichkeiten für Zulieferungen zur Stärkung und Diversifizierung der eigenen Wertschöpfungsketten. Außerdem gibt es hier im bevölkerungsreichsten Land der Welt auch ein riesiges Reservoir an jungen, gut ausgebildeten Talenten in verschiedensten Berufen. Diese Potenziale können wir gemeinsam mit indischen Partnern nutzen – für den Ausbau der Handelsbeziehungen, Innovation, Qualifizierung und Fachkräftegewinnung.«

In einem der größten Textilwerke Indiens – der K.P.R. Mill Limited in Coimbatore – erhielt die Delegation Einblicke in die vollständige textile Wertschöpfungskette: vom Rohgarn bis zur fertigen Bekleidung. Besonders beeindruckend war ein Weiterbildungsprogramm für Frauen, das bereits über 40.000 Teilnehmerinnen neue berufliche Perspektiven eröffnet hat.

Die Reise machte deutlich, dass Sachsen und Tamil Nadu industriell geprägt, innovativ und exportstark sind. Beide Seiten können voneinander profitieren – sei es durch Technologietransfer, gemeinsame Ausbildungsinitiativen oder Investitionen. Dirk Panter abschließend: »Ich bin überzeugt: Indien kann für uns zu einem echten Partnerland werden – wirtschaftlich, politisch und menschlich. Entscheidend ist jetzt, dass wir die geknüpften Kontakte nutzen und in konkrete Kooperationen umsetzen.« WFS-Geschäftsführer Thomas Horn ergänzt: »Wir haben in Indien Partner gefunden, die wie wir in Sachsen auf Qualität, Innovation und Bildung setzen. Diese Beziehungen wollen wir langfristig festigen – mit konkreten Projekten und greifbaren Ergebnissen.«

Der Besuch der sächsischen Delegation fand eine beachtliche Resonanz in den indischen Medien. Michael Hasper, Deutscher Generalkonsul in Chennai, erklärt: »Der Besuch von Wirtschaftsminister Panter und seiner Delegation erfolgt zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort. Deutschland und deutsche Unternehmen stehen heute vor großen Herausforderungen wie etwa hohe Produktionskosten und Fachkräftemangel in Deutschland. In Indien bieten sich derzeit Lösungsansätze, die deutsche Unternehmen wieder stärken und wettbewerbsfähiger machen können. Dabei haben Sachsen und Tamil Nadu einander viel zu bieten. Das in industrieller Fertigung besonders starke Tamil Nadu stellt schon jetzt viele Produkte für deutsche Unternehmen her, die in Indien kostengünstiger als in Deutschland produziert werden können. Mit Ingenieuren, IT-Experten und Pflegekräften aus Tamil Nadu können dringend gebrauchte Fachkräfte sächsische Pflegeeinrichtungen unterstützen und sächsische Unternehmen stärken.«

Hintergrund

Die Indien-Reise fand vom 9. bis 14. November 2025 statt und wurde von der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) im Auftrag des Wirtschaftsministeriums (SMWA) organisiert. Die Termine knüpften an eine Sondierungsreise aus dem Herbst 2023 sowie den von der WFS organisierten und von dem damaligen Wirtschaftsminister Martin Dulig geleiteten Besuch einer sächsischen Wirtschaftsdelegation im März 2024 an. Diese Reise erwies sich für Sachsen als Türöffner. Damals wurde eine Zusammenarbeit im Fahrzeug- und Maschinenbau, IT-Bereich, beim Aufbau der dualen Ausbildung nach deutschem Vorbild in Indien und bei der Gewinnung indischer Fachkräfte und Auszubildender für den sächsischen Arbeitsmarkt ausgelotet. Diese Kontakte galt es nun auszubauen.