Dresden: Organische Folie statt Chemielabor

Forscher am Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials an der TU Dresden haben hauchdünne, flexible und kostengünstige organische Folien entwickelt, um die chemische Zusammensetzung von Proben berührungsfrei, schnell und umweltverträglich bestimmen zu können. Zur Herstellung jener rauscharmen Detektoren für Infrarotstrahlung nutzte das Forscherteam dabei erstmals die Absorption an der Grenzfläche zwischen organischen Halbleitern. Bedarf für derartige Sensoren sehen die Forscher vor allem in der Biomedizin sowie in der Pharmazie, Landwirtschaft und zur industriellen Fertigung.

Eine Vielzahl chemischer Grundbausteine lässt sich anhand ihrer Fähigkeit, Infrarotstrahlung zu absorbieren, nachweisen. Daher überrascht es kaum, dass Infrarot-Sensoren vielfältig eingesetzt werden – etwa zur Beobachtung des Gesundheitszustands wie etwa der Zuckerkonzentration oder Sauerstoffsättigung im Blut, zur Qualitätskontrolle industrieller Produktionslinien oder zur Abschätzung des idealen Ernte-Zeitpunkts in der Landwirtschaft. Obwohl anorganische Halbleiter diese Aufgaben zuverlässig bewältigen, sind Spektrometer auf deren Grundlage herstellungsbedingt teuer, schwer und voluminös.

Wie der Erfolg organischer Leuchtdioden zeigt, bieten Halbleiter auf Kohlenwasserstoff-Basis hierbei eine ernst zu nehmende Alternative für opto-elektronische Bauteile. Im Gegensatz zu ihren anorganischen Pendants können organische Bauteile als leichte, flexible, hochgradig integrierbare und vor allem kostengünstige Folien gestaltet werden. Bereits zahlreiche Studien, durchgeführt am IAPP unter Leitung von Prof. Karl Leo, unterstreichen jene Vorteile für organische Leuchtdioden, Solarzellen und Transistoren. Im Folgenden stellte sich das Forscherteam um Prof. Koen Vandewal die Frage, ob organische Halbleiter auch zur Detektion von (nah)infraroter Strahlung befähigt wären.

Dabei stießen die Wissenschaftler zunächst auf die Hürde, organische Schichten zu finden, die nahinfrarote (NIR) Signale effizient detektieren können, da organische Verbindungen in diesem Bereich transparent sind. Zur Lösung dieses Problems erwogen die Wissenschaftler der TU Dresden die Ausnutzung eines Effektes, der bereits in organischen Solarzellen bekannt war: Werden zwei organische Halbleiter auf molekularer Ebene gemischt, ist eine sehr schwache Absorption an den Grenzflächen beider Molekülsorten im Nahinfraroten messbar. Letztlich gelang der Durchbruch für organische NIR-Sensoren, als sie die organische Mischschicht zwischen zwei dünne Spiegelschichten einbetteten. Durch geschickte Wahl des Abstandes der metallischen Spiegel gelang es, eine Resonanz zu erzeugen, bei der das eintreffende Licht die Mischschicht durch wiederholte Reflektion an den Spiegeln dutzende Mal durchquert. Somit reagiert das Bauteil lediglich auf Licht einer bestimmten Wellenlänge im NIR. Mittels Variation der organischen Schichtdicke kann der Sensor gleichzeitig mehrere Wellenlängen abfragen und somit das Spektrum, etwa einer Blut- oder Speiseprobe, rekonstruieren.

Mit der Erfindung jener Bauteilklasse wird ein neues Forschungsfeld eröffnet, welches eine Vielzahl spannender Fragestellungen sowohl angewandter als auch grundlegender Natur aufwirft. Für die kommenden Jahre erwarten die Forscher darüber hinaus eine Weiterentwicklung ihrer Sensoren, die für das menschliche Auge fast vollständig transparent erscheinen werden.