Bosch eröffnet Chipfabrik der Zukunft in Dresden

Voll vernetzt, datengesteuert, selbstoptimierend: Bosch eröffnet in Dresden eine der modernsten Chipfabriken der Welt. Hochautomatisierte, voll vernetzte Maschinen und integrierte Prozesse, kombiniert mit Methoden der künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence, AI), machen das Werk in Dresden zu einer intelligenten Fabrik und zum Vorreiter bei Industrie 4.0. Im virtuellen Beisein von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, der Vizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wurde die High-Tech-Fertigung am 7. Juni 2021 offiziell eröffnet.

„Die neue Halbleiterfabrik von Bosch stärkt unsere Kapazitäten im Bereich der Mikroelektronik. Mikroelektronik ist Grundlage für nahezu jede zukunftsträchtige Technologie, für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz, für Quantencomputing oder für autonomes und vernetztes Fahren – was ja auch die Spezialität von Bosch ist“, sagte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. „Die neue Fabrik ist die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte. Man kann das gar nicht genug herausstreichen. Schon gerade die Größe und die zusätzlichen Produktionskapazitäten sind beeindruckend. Modernste Möglichkeiten zur datengesteuerten kontinuierlichen Produktionsverbesserung zeichnen das Dresdner Werk als intelligente Fabrik aus. Anders gesagt: Hier gehen natürliche und künstliche Intelligenz mit dem Internet der Dinge eine produktive Symbiose ein.“

„Es ist für Bosch von strategischer Bedeutung, Halbleiter als eine Kerntechnologie selbst zu entwickeln und zu fertigen. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz heben wir in Dresden die Produktion von Halbleitern auf ein neues Level“, sagte Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. „In Dresden eröffnen wir damit unsere erste AIoT-Fabrik: von Beginn an vollvernetzt, datengesteuert, selbstoptimierend.“ Bosch investiert rund eine Milliarde Euro in den High-Tech-Standort.

Die Produktion in Dresden startet bereits im Juli – ein halbes Jahr früher als geplant. Ab dann kommen die im neuen Werk produzierten Halbleiter in Bosch-Elektrowerkzeugen zum Einsatz. Für den Bedarf der Automobilindustrie beginnt die Chip-Produktion im September und damit ein Vierteljahr früher als geplant. Als wichtiger Bestandteil des Fertigungsverbundes für Halbleiter stärkt Bosch mit der neuen Fabrik den Technologie- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Heute arbeiten im Bosch-Halbleiterwerk Dresden bereits rund 250 Menschen auf einer Fläche von 72.000 Quadratmetern. Die Zahl der Beschäftigten soll in der Endausbauphase des Standorts auf 700 Mitarbeiter anwachsen.

   

Eines der modernsten Halbleiterwerke der Welt steht jetzt in Dresden

Maschinen, die mitdenken, Wartungen aus 9 000 Kilometern Distanz, Brillen mit eingebauten Kameras: Eines der modernsten Halbleiterwerke der Welt steht jetzt in Dresden. „Dank der Kombination von künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge schaffen wir die Grundlage für datengesteuerte, kontinuierliche Verbesserung in der Produktion“, sagt Denner. Konkret bedeutet das: Alle Daten der Halbleiterfabrik – von Anlagen, Sensoren und Produkten – werden in einem zentralen Datenspeicher gesammelt. Im Werk entstehen dadurch pro Sekunde Produktionsdaten mit einem Umfang von umgerechnet 500 Textseiten. An einem Tag entspricht das mehr als 42 Millionen beschriebener Blätter.

Diese Daten werden anschließend mit Methoden der künstlichen Intelligenz ausgewertet. Selbstoptimierende Algorithmen lernen dabei, aus den Daten Vorhersagen abzuleiten. So lassen sich Fertigungs- und Wartungsvorgänge in Echtzeit analysieren. Ein AI-Algorithmus erkennt beispielsweise selbst kleinste Auffälligkeiten an den Produkten, die durch spezifische Fehlerbilder, sogenannte Signaturen, auf den Wafern sichtbar werden. Die Ursachen werden sofort analysiert und Prozessabweichungen umgehend korrigiert, noch bevor sie die Zuverlässigkeit des Produktes beeinflussen können.

„Künstliche Intelligenz ist der Schlüssel, um Fertigungsprozesse und Qualität der Halbleiter weiter zu verbessern und einen hohen Grad an Prozessstabilität zu erreichen“, erklärte Denner. Das wiederum führt zu einem schnellen Serienstart von Halbleiterprodukten und erspart Kunden aufwendige Erprobungen, wie sie sonst beispielswiese in der Automobilindustrie zur Freigabe einer neuen Fertigung notwendig sind. Auch Wartungsarbeiten lassen sich mit künstlicher Intelligenz optimieren. Algorithmen können präzise Vorhersagen treffen, ob und wann eine Fertigungsmaschine oder ein Roboter gewartet oder nachjustiert werden muss. Die Arbeiten finden also nicht nach einem starren Plan statt, sondern genau dann, wenn sie erforderlich sind – und rechtzeitig, bevor es zu Problemen kommt.

   

„Digitaler Zwilling“: Das Werk existiert doppelt

Eine weitere Besonderheit des Halbleiterwerks ist, dass es doppelt existiert – einmal in der realen Welt und einmal in der digitalen. Man spricht vom „digitalen Zwilling“. Alle Teile der Fabrik und alle relevanten Bauwerksdaten des kompletten Halbleiterwerkes wurden dafür bereits während der Bauphase digital erfasst und in Form eines dreidimensionalen Modells visualisiert. Der Zwilling besteht aus rund einer halben Million 3D-Objekten – von Gebäuden und Infrastruktur, über Ver- und Entsorgungsanlagen, Kabeltrassen und Lüftungssystemen bis zu den Maschinen und Fertigungsanlagen.

Damit lassen sich Prozessoptimierungen, aber auch Umbauarbeiten simulieren, ohne in die laufende Fertigung einzugreifen. Auch bei Wartungsarbeiten in der Dresdner Fabrik kommt High-Tech zum Einsatz: Denn via Datenbrille und Augmented Reality lassen sich Maschinen sogar aus der Ferne warten. Damit können Wartungsarbeiten in Dresden von dem Spezialisten eines Anlagenherstellers in Asien erledigt werden, ohne dass dieser vor Ort sein muss. Die Kamera der Datenbrille überträgt Videobilder einmal um die halbe Welt, der Experte dort führt den Mitarbeiter in Dresden dann in Echtzeit durch den Wartungsprozess. Diese Technologie war auch ganz entscheidend, um die Maschinen trotz Corona-bedingter Reisebeschränkung in Betrieb nehmen zu können.

    

„Silicon Saxony“: Europas größter Mikroelektronik-Standort

Bosch hatte sich nach einem weltweiten Städtevergleich für Dresden als Standort für seine Halbleiterfabrik entschieden. Das „Silicon Saxony“ ist Europas größter Mikroelektronik-Standort und der fünftgrößte weltweit. Jeder dritte in Europa produzierte Chip wird hier gefertigt. Dafür bietet die Region optimale Bedingungen. So verfügt Dresden über eine gute Infrastruktur mit kurzen Wegen und guten Anbindungen. Das umfasst Unternehmen der Zulieferer-, Dienstleister- und Anwenderindustrie sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit entsprechender technologischer Expertise.

„In Dresden trifft modernes Unternehmertum auf wissenschaftliche Exzellenz und industriepolitische Verantwortung“, sagte Kröger. „Bosch hat sich daher bewusst entschieden, die größte Einzelinvestition in seiner mehr als 130-jährigen Geschichte hier in der Region zu tätigen“.

Begleitet wurde die Ansiedlung unter anderem von der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS).