Einzigartiges Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung geht an den Start

Mit der Einweihung des Zentrums für Radiopharmazeutische Tumorforschung am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) geht heute das leistungsstärkste präklinische Zentrum Europas für die Entwicklung und Produktion von radioaktiven und radioimmunologischen Arzneimitteln an den Start. Das weite Spektrum von der Grundlagenforschung bis zur Überführung in die klinische Anwendung kommt den Patientinnen und Patienten im Rahmen enger Kooperationen mit der Medizinischen Fakultät und dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg direkt zugute.

Die Forscher am Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung des HZDR verfügen über ein großes Know-how und langjährige Erfahrung bei der Entwicklung von radioaktiven Sonden für eine verbesserte Bildgebung in der Onkologie. Seit einigen Jahren widmen sie sich zudem verstärkt neuen therapeutischen Ansätzen mithilfe radioaktiv markierter Substanzen sowie des Immunsystems. Mit dem neuen Zentrum für Radiopharmazeutische Tumorforschung (ZRT), das über Labor- und Büroflächen von fast 2.000 Quadratmetern verfügt, erweitert und modernisiert sich die Ausstattung des Instituts. Hier sind erstmals alle Laborräume für chemische, biologische und physikalische Forschungsarbeiten, zertifizierte Reinräume für die Herstellung der radioaktiven Arzneimittel (Radiopharmaka), ein neuer Kreisbeschleuniger (Zyklotron) und Bereiche für die zeitgemäße Versuchstierhaltung sowie die Kleintier-Bildgebung in einem Gebäudekomplex vereint.

    

Radioaktive Moleküle für Diagnose und Therapie

Seit vielen Jahren produziert das HZDR die radioaktiv markierten Arzneimittel (Radiotracer) für Patientenuntersuchungen der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Dresden. Bis zum Jahr 2015 kamen die Patienten dafür sogar auf den Rossendorfer Campus, wo insgesamt rund 18.000 Untersuchungen mit der Bildgebungsmethode der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) stattfanden. „Der neue, deutlich leistungsfähigere Kreisbeschleuniger im ZRT erlaubt die Produktion einer größeren Vielfalt von Radionukliden sowohl für die Forschung als auch für die Anwendung am Patienten“, sagt Prof. Jörg Steinbach, Direktor am HZDR-Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung.

Die Radiotracer lagern sich in spezifischen Gewebestrukturen an und ihre Strahlung lässt sich von außen durch die PET-Kamera erfassen. So ist es möglich, die Lageund das Verhalten von Tumoren zu bestimmen sowie die Wirksamkeit von Therapien zu untersuchen. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt des Instituts sind computergestützte Verfahren zur Verbesserung der kombinierten Bildgebung mit der Positronen-Emissions- / Magnetresonanz-Tomographie. So wurde das erste für Patienten zugelassene Ganzkörper-Gerät in Deutschland von 2011 bis 2015 am HZDR für den klinischen Einsatz ertüchtigt.

Insgesamt geht die Behandlung immer stärker in Richtung der Theranostik, deren Ziel es ist, für jeden einzelnen Patienten eine auf ihn abgestimmte Therapie anbieten zu können. Deshalb arbeiten radiopharmazeutisch ausgerichtete Forschergruppen weltweit an neuen Radiotracern zur genaueren Charakterisierung von Tumoren. In der Onkologie lassen sich damit funktionelle Diagnosen absichern und wertvolle Informationen über den Therapieverlauf gewinnen – und das ohne operativen Eingriff. So nutzt der geschäftsführende Direktor am Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung, Prof. Michael Bachmann, die Methode der radioaktiven Markierung, um die Wirkung der von seinem Team entwickelten Immuntherapeutika zu überprüfen: „Wir wollen Krebserkrankungen mithilfe des körpereigenen Immunsystems behandeln. Um die Risiken für die Patienten zu minimieren, haben wir eine Technologie entwickelt, mit der sich die Immunzellen gezielt an- und ausschalten lassen.“ Für eine spezielle Blutkrebs-Erkrankung, die Myeloische Leukämie, startete vor kurzem die klinische Phase-I-Studie an den Unikliniken Dresden und Würzburg.

Wie die Wortschöpfung „Theranostik“ nahelegt, sind Therapie und Diagnostik bei diesem Ansatz besonders eng verknüpft. Für das Fachgebiet der Radiopharmazie bedeutet dies, dass therapeutisch eingesetzte Radiopharmaka ähnliche Funktionsprinzipien aufweisen wie die Radiotracer für die Diagnostik. Versieht man eine zielsuchende Substanz - idealerweise ein- und dieselbe chemische Verbindung für das Auffinden und Behandeln eines Tumors – in geeigneter Form mit einem therapeutisch wirksamen Radionuklid, werden die Krebszellen im Körperinneren direkt vor Ort abgetötet. „Dank der modernen Ausstattung des neuen ZRT werden wir uns noch stärker als bisher solchen Forschungen widmen können“, so Jörg Steinbach. „Das neue ZRT ist damit die perfekte Ergänzung für die vor zehn Jahren rekonstruierten Laborbereiche im angrenzenden Gebäude.“

Die Radiopharmazeutische Forschung blickt auf dem Rossendorfer Campus auf eine über 60-jährige Geschichte zurück. Gestartet am Zentralinstitut für Kernforschung (ZfK) der DDR, wurde sie nach der Wende am Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung des HZDR weitergeführt und ausgebaut – in enger Kooperation mit Universitätsklinikum und Technischer Universität Dresden. Gemeinsam betriebene Einrichtungen sind das PET-Zentrum Dresden-Rossendorf, das OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie sowie das NCT Dresden. An diesem neuen Partnerstandort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist maßgeblich auch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) beteiligt.